In Barrierefreiheit, Finanzen

Der ein oder andere steht vielleicht auch irgendwann mal vor der Entscheidung ein Eigenheim zu bauen oder nicht?

Eine allgemein gültige Antwort auf diese Frage wird es nicht geben. Ich habe es schon öfter erwähnt: Ich bin kein Berater, ich verkaufe nichts, ich schreibe über meine Sichtweise, Erfahrungen und vor allem auch Fehler, die ich gemacht habe. Daraus kann der ein oder andere vielleicht etwas für sich entnehmen. Mit meiner Frau habe ich ein Haus gekauft und umgebaut, ein Haus neu gebaut und wir haben zusammen in fünf verschiedenen Wohnungen gelebt. Etwas Erfahrung ist also vorhanden.

Grundsätzlich spielt es bei der Frage „bauen ja oder nein?“ erstmal keine Rolle, ob man im Rollstuhl sitzt oder nicht. Allerdings kommt man bei der Frage, wie hoch die finanziellen Mittel sind, die man zur Verfügung hat, sehr schnell an den Punkt, dass Rollstuhlfahrer häufig nicht über ein Einkommen verfügen, bei dem es lohnenswert ist, über das Bauen nachzudenken.

Andererseits sollte man sich sehr genau über alle Zuschüsse und Förderprogramme, die es zum Thema „Barrierefreies Bauen“ gibt, informieren.

Unabhängig davon, ob man im Rollstuhl sitzt oder nicht, sollte jeder, der ein Haus baut, auch an die Barrierefreiheit denken! Knapp 10% der deutschen Bevölkerung leben mit einer Schwerbehinderung (7,8 Mio. Menschen mit einem GdB > 50%, Quelle: destatis.de). Die meisten davon mit einer Gehbehinderung.

Folgende Fragen sollte man für sich beantworten, wenn man ein Haus bauen oder kaufen möchte.

1. Frage: Habe ich die finanziellen Mittel, um ein Haus zu bauen?

Dazu sollte man zuerst wissen, was kostet ein Haus überhaupt?

Als Rollstuhlfahrer baut man vermutlich schlüsselfertig, jedenfalls nehmen wir das an. Ein Haus mit einer Wohnfläche von 100 – 150qm ist da nicht unter 150.000 – 200.000 Euro zu haben. Diese Summe ist sehr stark abhängig von der Größe und der Ausstattung des Hauses. Tendenz eher noch etwas höher.

Dazu kommt ein Grundstück. Je nach Lage sind das für ein normal großes Grundstück von 500 – 1000qm min. 20.000 – 100.000 Euro. Das ist eine sehr große Spanne und dabei berücksichtige ich gar nicht mal die Exklusivität der Lage, ob das Grundstück besonders schön gelegen ist oder nicht. Nein, es sind wirklich nur die Mindestpreise, abhängig davon, ob es auf dem Land oder in der Stadt ist. Aber auch dabei ist nach oben noch viel Luft. Sucht man in einer Stadt wie Berlin, Hamburg, München, geht es erst bei 300.000 – 500.000 Euro für ein normales Einfamilienhaus- Grundstück los.

Nehmen wir mal an, wir bauen auf dem Land, ein einfaches Haus, keinen Keller, ohne Außenanlagen, liegen wir jetzt schon bei mind. 200.000 – 250.000 Euro.

Dazu kommen noch die Baunebenkosten. Das sind Notar-Gebühren, Grundbuch-Einträge, etc. Dafür kann man ca 15% rechnen, also in unserem Fall min. 30.000 Euro.

Wenn es gut läuft, liegt man also bei mind. 230.000 – 250.000 Euro für ein einfaches Haus auf dem Land, schlüsselfertig ohne großen Schnickschnack.

Wer will, kann das gern auch günstiger rechnen, fällt am Ende dabei aber vielleicht auch auf die Nase.

Bei den aktuellen Bauzinsen und der Annahme, dass man nach ca. 20 Jahren fertig sein will mit der Rückzahlung der Kreditsumme, liegt man bei der entsprechenden Tilgung bei einer monatlichen Belastung von min. 1000€ für eine 100%-Finanzierung.

Nochmals der Hinweis, das ist eine grobe Abschätzung mit aktuellen Werten, um ein Gefühl zu vermitteln, in welchem Bereich man sich bei einem Neubau bewegt.

Man muss also monatlich mind. 1000€ an die Bank zahlen und dazu noch die üblichen Nebenkosten für Strom, Wasser, Telefon, Müll, etc.

Muss man sich nicht auf eine 100% Finanzierung stützen, dass heißt man, hat eine Summe von mind. 10.000€ Eigenkapital, verbessert das die Lage mit steigendem Eigenkapital erheblich.

Hat man Eigenkapital und kann monatlich 500 – 1000€ aufbringen oder kein Eigenkapital und kann monatlich min. 1000€ aufbringen, kann man weiter über einen Hausbau nachdenken.

Wenn nicht, sollte man an dieser Stelle das Kapitel Hausbau beerdigen und zwar: ohne wenn und aber. Das Geld, was man vielleicht übrig hat, sollte man lieber sinnvoll in eine Altersvorsorge stecken.

2. Frage: Warum soll man überhaupt ein Haus bauen?

Wer ein Haus bauen will, weil er ein Haus bauen will, kann das selbstverständlich machen, aber derjenige begeht in meinem Augen einen Fehler.

Doch was ist eigentlich so ein richtig guter Grund für ein Eigenheim?

Ich finde, ein Haus hat sehr viel mit Lebensstil und Lebensqualität zu tun. Wenn man zum Beispiel  Kinder hat oder Kinder plant, hat man in einem Eigenheim mit Garten weitaus weniger Stress als in einer kleinen Wohnung.

Wenn man im Rollstuhl sitzt oder ganz allgemein Barrierefreiheit benötigt, ist das ebenfalls ein sehr guter Grund für ein Eigenheim. Man kann alles so gestalten, wie es einem passt und wie man am besten zurecht kommt. Dazu kommt, dass barrierefreier Wohnraum Mangelware in Deutschland ist und der Bedarf an diesem Wohnraum immer stärker wächst.

Dort kann auch ein Anreiz für nicht Behinderte liegen. Wenn man von Anfang an barrierefrei baut, kann man das Haus auch bis ins hohe Alter bewohnen.

Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch schlechte Gründe zu bauen, wie eben schon kurz erwähnt. Wenn jemand sagt: „aber die Bauzinsen sind doch so niedrig“, dann nimmt das in den meisten Fällen kein gutes Ende!

Auch als Altersvorsorge ist ein Haus nicht geschaffen. Es gibt nur wenige Städte, in denen man ein Haus wieder mit einer guten Rendite verkaufen kann. Daher macht es zwar Sinn, ein Haus sehr lange zu bewohnen und es aus diesem Grund barrierefrei zu gestalten, aber es lohnt sich nur selten als Anlageobjekt.

Sowieso ist der Wiederverkaufswert sehr stark von der Gegend abhängig. Überspitzt kann man sagen, dass man für ein Einfamilienhaus in Berlin oder München das gleiche zahlen muss, wie für einen ganzen Straßenzug im Harz.

3. Frage: Bauen oder doch lieber kaufen?

Wenn man mal die Barrierefreiheit komplett streicht, ist es in den meisten Fällen vermutlich sogar günstiger, wenn man ein Haus kauft und es renoviert oder umbaut. Renovieren ist das Mindeste, was man einplanen muss, dazu muss aber schon sehr viel passen. Viel wahrscheinlicher ist es, das man modernisieren oder etwas umbauen muss.

Nimmt man die Barrierefreiheit mit dazu, muss man erstmal ein Haus finden, was man dementsprechend umbauen kann und der Aufwand ist dann oft relativ hoch. Es kommt dann am Ende wohl auf das gleiche finanzielle Ergebnis wie bei einem Neubau raus.

4. Frage: Haus oder Eigentumswohnung?

Vielleicht muss es ja gar kein ganzes Haus sein, vielleicht reicht ja auch eine Wohnung? Die werden auch viel häufiger angeboten. Neue Eigentumswohnungen werden immer öfter altersgerecht und barrierefrei gebaut. Die Bauträger verstehen so langsam, dass es immer mehr Menschen gibt, die barrierefreie Wohnungen benötigen und, dass man da Geld mit machen kann.

Doch Vorsicht, man sollte sich vorher genau im Klaren sein, worauf man sich da einlässt!

Alle Entscheidungen, die das komplette Haus betreffen, werden von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer getroffen. Viele Dinge, was man darf und was man nicht darf, sind genau geregelt.

Man hat also Eigentum, kann aber nicht über alles entscheiden und wohnt mit anderen unter einem Dach. Ob einem das gefällt, muss jeder für sich entscheiden.

Fazit

Wer als Rollstuhlfahrer in einem Alter ist, wo es sich lohnt zu bauen, die finanziellen Vorraussetzungen passen, ist mit einem eigenen Haus gut beraten, da er selbst alles nach seinen Anforderungen gestalten kann.

Das ist jedenfalls meine Meinung, so haben wir es gemacht und so würden wir es auch wieder machen.

Wer ein richtig gutes Buch zu diesem Thema sucht, der sollte hier mal reinschauen:

Einen Kommentar hinterlassen

Schreib mir

Wenn du Fragen oder Anregungen zu meiner Seite hast, schreib mir einfach.

Nicht lesbar? Text ändern. captcha txt

Beginnen Sie mit der Eingabe und drücken Sie Enter, um zu suchen

Hallo,

möchtest du keinen meiner Beiträge verpassen?

Abonniere meinen Newsletter